Christvesper 2013 18 Uhr

Christvesper 2013

Predigt Christvesper 2013, 18 Uhr 1. Tim 3,16

 

1.

Den Tannenbaum haben wir aufgestellt, die Kerzen entzündet, zur Kirche sind wir gewesen, Lieder haben wir gesungen und ein Gedicht aufgesagt. Wir haben gegessen und unsere Geschenke überreicht und ausgepackt. Jetzt kann Weihnachten werden. Herrlich.

 

Ein wenig so kommt mir der Predigttext für heute vor liebe Gemeinde. Wie eine Abfolge von Dingen die erledigt werden mussten. Große und wichtige Dinge, aber es kommt mir vor als rattert sie jemand runter, für den es gerade ziemlich anstrengend und stressig war. So wie ich das mit einer möglichen Abfolge des Heiligen Abends gerade erzählt habe. Eine Pflichtübung, die irgendwie dazugehört, aber die doch vor dem eigentlichen Fest steht. Es gehört dazu, aber niemand ist so recht bei der Sache, weil immer noch etwas und noch etwas kommt. Alles hängt miteinander zusammen, alles ist schön und wir wollen das machen. Aber die rechte Ruhe haben wir erst, wenn alles erledigt ist. Nicht in dem Moment, in dem es geschieht sind wir dabei, sondern erst im Nahhinein. Zuviel im Kopf, zuviele Gedanken, zuviel Anspannung. Es ist, als ob das Eigentliche verpasst wird.

 

Predigttext 1. Tim 3,16:

Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.

 

2.

Turbulent, Schlag auf Schlag ging es auch in Bethlehem zu. Wir haben es vorhin gehört. Volkszählung, auf den Weg machen, Frau Schwanger, Esel besorgen, Herberge suchen, nur Stall gefunden, Kind geboren, fix und alle, dann noch Besuch. Herrlich?!

 

Maria und Josef hatten bereits einiges hinter sich, als sich der Stall nach und nach mit fremden Menschen füllte. Wie es ist, als schwangere Frau auf einem Esel in der Gegend herumzureiten und dann keine Unterkunft zu finden, kann ich mir kaum vorstellen. Sicher nicht sehr besinnlich. Als Stille, heilige Nacht der Andächtigkeit haben Maria und Josef diese eher nicht in Erinnerung.

Ja, und dann der Besuch: Die drei Weisen aus dem Morgenland, das mag ganz erfreulich gewesen sein, aber ein paar Wochen später hätten sie auch kommen können. Peinlich, sie hier in diesem Stall zu empfangen. Und dann die Schar der Hirten – einer nach dem anderen musste sich ganz genau das Kind ansehen. Ist ja auch in Ordnung, aber so viele? Und heute? Und dann noch die Nachbarn aus Bethlehem. Puhhh, da war was los.

Stille Nacht- so singen wir gleich noch, so ist unsere Vorstellung, unser Wunschbild dieses heiligen Abends. Damals im Stall in Bethlehem genauso wie in unserer Weihnachtsstube. Doch so eindeutig still und besinnlich ging es damals wie heute kaum zu. Das kommt erst später. Morgen, übermorgen vielleicht.

Das eigentliche liegt hinter diesem Trubel. Man muss selbst ruhig werden, um es zu entdecken. Menschen aus entgegengesetzten Winken: Räumlich, aber auch sozial kommen zusammen. Sie werden eine Gemeinde rund um die Krippe herum. Nicht die Geburt eines Kindes führt sie zusammen, sondern Gottes großer Schritt in die Welt. Was auseinanderlag, kann er verbinden. Im Kind in der Krippe.

 

3.

Was liegt heute schon alles hinter Ihnen? Tannenbaum reingeholt, Nadeln weggesaugt, Ast abgebrochen, wieder angeklebt, Kugel kaputt gemacht, Lichterkette zu kurz, Oma abgeholt, Butter vergessen, Familie beisammen. Herrlich.

 

Wohin führten Sie heute Morgen ihre ersten Schritte, außer vielleicht zum letzten Türchen des Adventskalenders. Bei mir fehlte noch …

Oft ist viel los gerade am Heiligen Abend. Eben weil so viel dazu gehört, weil uns so viel an diesem Tag liegt. Da sind die Traditionen, die wir aus unseren Kindertagen mitbringen. Und dann die, die wir neu für uns entdecken. So oder so wird der Baum geschmückt, Wir essen immer Kartoffelsalat mit Würstchen, oder eben gerade nicht. Alles will vorbereitet sein, alles soll gelingen am Heiligen Abend, damit wir Weihnachten feiern können. Damit wir zusammenkommen aus unseren entfernten Winkeln.

Es sind gerade diese Rituale, die den besonderen Abend für uns ausmachen. Doch nicht der Kartoffelsalat allein, nicht der Gottesdienst allein sind der Hl Abend. Zusammen weist alles auf das hin, was wir im Predigttext, was wir im Weihnachstevangelium gehört haben: Gott wird Mensch. Durch Ihn erst machen unsere ganzen Bräuche Sinn und ergeben ein großes Ganzes. Er ist es, der uns zusammenführt und zu einer Gemeinde macht. Er steht hinter allen Bräuchen und aller Geschäftigkeit. Hier in der Kirche, jetzt gerade. Aus allen Winkeln Hambergens kommen Sie hier zusammen. Und vielleicht von noch weiter weg.

Zuhause, in den Familien finden Sie zusammen, wie vielleicht schon lange nicht mehr. Manches Ritual, mancher gute Brauch gehört dazu: Aber der führt sie nicht zusammen, führt sie nicht hierher. Das ist Gottes Werk in diesem kleinen Kind, der zusammen führt, was entfernt ist. In der Welt, und darüber hinaus. Das ist herrlich.

 

4.

Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.

Die Worte, die sich anfangs so hektisch anfühlen, die wie eine Pflichtübung erscheinen mögen, sind eine kurze Zusammenfassung. Sie beschreiben, was trägt. Es ist ein kurzer Bekenntnissatz einer Gemeinde, die benennt, was ihre Welt zusammenhält.

Es ist Jesus Christus, der unsere menschliche und Gottes ewige Welt verbindet. Er fügt zusammen, was nicht entfernter sein könnte. Als Mensch, im Fleisch, wie es heißt, ganz bei uns. Mensch wie wir. Aber durch seine göttliche Natur auch ganz bei Gott. Beides vereint in diesem kleinen Mensch in der Krippe.

Engel, Boten Gottes begleiten seinen Weg. Feine Wesen, deren Aussehen wir nicht kennen -  von uns gern in Gold und mit Flügeln ausgeschmückt. Zugleich ist Jesus Christus präsent in der ganzen Welt – gepredigt den Heiden, wie es heißt. Er ist auf dem Weg zu denen, die von Gott noch nie gehört haben.

Geglaubt in der Welt und aufgenommen in Herrlichkeit. So ist er mitten unter uns, ganz nah und zugleich ganz Gott und von uns nicht zu erreichen. Das ist Weihnachten.

Gott ist nahe, Gott ist mitten unter uns. Jetzt, beim Gänsebraten und beim Baum schmücken. Auf den ersten Blick nicht immer zu sehen, manchmal versteckt und verstellt von dem, was uns so beschäftigt. Gott ist nah. Nicht immer erscheint es auf den ersten Blick so, doch er ist da.

Schauen sie hin, schauen Sie in die Krippe und lassen sie sich von diesem Kind in der Krippe beschenken.

Ihn und seine Nähe mögen Sie heute Abend und an den kommenden Tagen spüren. Er sei Ihnen so nahe, wie den Hirten die ihre Nase über die echte Krippe hielten. Er möge Ihnen nahe sein, egal, ob ihre Nacht, ihr heiliger Abend still und heilig ist, oder sie diese Tage viel um die Ohren haben.

Ich wünsche Ihnen allen frohe und gesegnete Weihnachten Amen.

Pastor Björn Beißner